Hauch von Strand und wilden Männern

Wer, außer Partei- und Gewerkschaftsfunktionäre, seinen Urlaub unter der Sonne Bulgariens genießen dürfte oder sich eine Reise an die Schwarzmeerküste leisten könnte? Meistens wurden die ersten „Südländer-Touristen“, jung und ungebunden, als Exoten oder Abenteurer eingestuft.

Nicht wegen Gefahren in der Wildnis, die noch nicht richtig erschlossen wurden. Nein! Die Hauptgründe waren psychologischer Natur: unbewusster Neid, der Hauch Freiheit und die Möglichkeit für „Erfüllung der Sehnsucht nach Sonne und Meer“, die fehlende abenteuerliche „Neugier gegenüber dem Fremden“, die Suche nach der Normalität des Alltags, des Vorgegebenes usw. Es ist wirklich schwer die Gründe, bodenständig und gleichzeitig gegensätzlich, dafür zu erkunden. Das alles dürfte nicht aus bleiben und trotzdem waren die „Daheimgebliebenen“ neidisch auf die Tapferkeit der anderen! Dank frommer kollektiven Erziehung!

Nicht so ganz blass und leidenschaftslos war die romantische Vorstellung von Männern mit heißem Temperament, großen braunen Augen und sonnengebrannten Körper. Das Klischee gehörte einfach  unweigerlich dazu: „Die Männer sind ganz wild.“ und verbringen ihren Tagen nur damit blonde Mädels zu jagen. Es war mehr Sehnsucht nach Abenteuer und etwas Außergewöhnliches zu erleben als die Realität selbst anzubieten hatte. Am Strand tatsächlich wimmelte es von gelangweilten jungen und nicht so ganz jungen Burschen, meistens Schwimmretter (heute unter der Berufsbezeichnung Lifeguards bekannt), Bademeister oder s.g. „Seevögel“ (auf Bulgarisch „Glarus“ genannt), die ständig geflirtet hatten und versuchten ziemlich zügelfreien Urlaubsbekanntschaften zu knüpften. Sie waren aber nicht die Masse. Trotz alledem sind die Bulgaren als Gastgeber meistens nicht lästig, schlechte Schürzenjäger, von Natur her sehr direkt, rechthaberisch, gern haben Spaß und lassen ihre Gäste den Urlaub in vollen Zügen genießen. Man will ja schließlich, wenn möglich beidseitig, seine Ruhe und seinen Spaß haben!

Nach der Wende hat sich die Jagd nach deutschen Staatsbürgern total verändert. Jetzt sind die Männer, die zum endlosen Saufen nach Varna oder Burgas fliegen, gefragt und zwar von „leichten Mädchen“ aus finanziellen Gründen. Da kann es nicht überraschen, dass sich in einer solchen Zeit die organisierte Kriminalität, insbesondere mafiöse Banden, schnell die Träume der jungen Frauen zunutze macht, um ohne Skrupel einen reichlich einträglichen Menschenhandel zu betreiben. O tempora, o mores!

Bach und das Musizieren der einfachen Art

Die Kultur, musikalische und künstlerische Bildung waren damals fast um sonst und für jedermann zugänglich. Zum Beispiel: Eine Theaterkarte für beliebige Vorstellung in Bühnen der Stadt Gera kostete zwischen 3,60 –M und 6,00 -M, für den Klavierunterricht in der Musikschule brauchte man sich keine Sorgen zu machen. Er war nämlich beinah kostenfrei und viele Kinder musizierten mit größter Freude. Wenn nicht das Üben wäre.

Das Üben, im Allgemeinen, versaut die Freizeit und ist nicht für Unternehmungen auf eigene Faust geeignet. Jedes Kind, das mindestens eine Stunde am Tag Klavier üben musste, weiß schon wovon die Rede ist. Außerdem ist in der Musikschule alles andres als zu Hause. Disziplin eben. Irgendwie ordentlicher. Man kann nicht einfach Noten holen, sich am Klavier setzen und von der Musik inspirieren lassen. Denn vorher muss man schon wissen was für ein Stück geübt wird und was man dabei beachten soll. Außerdem, sieht alles notenmäßig so komisch aus! Und wie will die musizierende Person unter diesen Umständen jemals mit dem Üben anfangen? Aber irgendwann verändert sich das Verhältnis zu dem häuslichen Musizieren, weil das neue Stück in einem Konzert gespielt werden sollte und ein Honorar in Höhe von 5 –M für das Vorspiel versprochen wurde. Zu den ersten Schritten jener Motivation auf dieser Welt gehören bestimmte handfeste Aussagen, die uns immer – wenn sie uns irgendwann begegnen – in unerklärlicher Weise in die Besessenheit der Arbeitseifer schleunigst zurückversetzt. Zum Beispiel: die Vorstellung man wird 5 –M bekommen und zwar in dem zarten Alter von acht Jahren. Für viele gehörte ein Honorar nicht zum Alltag. Hierzu ist nun wirklich mal ein klärendes Sprichwort fällig: Üben ist die Schmiede des Erfolgs bzw. des Geldverdienens. Im wahren Sinne des Wortes. Mit großem Dursetzungsvermögen und unerwartetem Ehrgeiz waren auch diejenigen eliminiert, die nicht nur wegen des Geldes geübt haben. Es wurde die Gunst der Stunde genutzt um in der Orangerie Klavier zu spielen. Der Tag war gekommen, die Stücke vorgespielt und der Umschlag mit dem Geld wurde endlich überreicht. Dann wurde die Frage gestellt: „Was machst du mit dem Geld?“ Eine eindeutige Antwort auf dieser Frage war nicht möglich, weil die Ideenliste, was man alles kaufen würde, wollte oder könnte sehr lang war und mit der Realität wenig zu tun hatte. Die junge Pianistin hatte ihre Not mit dem Preis-Leistungsverhältnis des DDR-Spielzeugangebots. Die hilfsbereite begleitende Eltern erst recht. Sie sollten zu dem selbstverdienten Geld (nicht vergessen 5 –M) noch 20 –M dazu versprechen um die zweistündige Zick-Zack-Suche endlich zu beenden. Allerdings wurde es diesbezüglich immer behauptet, dass das Spiel nur mit dem Konzerthonorar gekauft worden war. Wer es glaubt wird selig!

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